Plastik plötzlich politisch

am 19. Juni 2019 Aktuelles mit 0 Kommentaren

Die SV auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung

Am 23.05.2019 haben wir an Workshops und einer anschließenden Diskussion zum Thema Plastik teilgenommen. Zu Beginn hielt der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) eine Rede, in der er die Schülerbewegung „Fridays for future“ lobte, da sie positiven Druck auf die Politik ausübe. Die Politik der letzten Jahre habe versäumt zu handeln und es solle nicht auf die schlimmen Auswirkungen der Umweltverschmutzung und Klimakatastrophe gewartet werden. Er stellte die Frage, ob eine Abwendung allein durch eine Bewusstseinsänderung der Bevölkerung zu erreichen sei oder ob der Staat mit rechtlichen Vorgaben eingreifen müsse.

Danach konnten wir das Thema in fünf interessanten Workshops weiter vertiefen. Ein großes Problem ist Plastik im Meer. Zusammen mit der BUND Jugend sammelten wir Projekte, die dagegen etwas unternehmen, wie zum Beispiel „The Ocean Cleanup“. Dieses und andere Projekte fischen Plastik von der Meeresoberfläche ab, was allerdings nur einen kleinen Teil des Problems löst, denn 70 % des Plastiks befinden sich auf dem Meeresgrund und sind für uns unerreichbar. Zudem gibt es keine staatlich geförderten Projekte. Deshalb ist es wichtig Plastik zu vermeiden, bevor es in die Meere gelangt. Da kann jeder bei sich selbst anfangen, beispielsweise indem selbst Tüten, Gefäße oder Besteck  mitgebracht werden um auf Einwegplastik zu verzichten.

 

Ein wichtiger Ansatz ist auch, Plastik das schon im Umlauf ist, wieder zu recyceln. Das geschieht in Deutschland nur bei ca. 25 % des Plastikabfalls. Der Geschäftsführer von Aha Thomas Schwarz berichtete uns über das Recycling und die Müllverbrennung in Hannover.

Beim Greenpeace Workshop lernten wir, dass in den vergangenen 70 Jahren acht Milliarden Tonnen Plastik, das ist so schwer wie eine Milliarde Elefanten, hergestellt wurde. In den Ozeanen gibt es heute dadurch fünf große Müllstrudel, der größte davon ist im Pazifik und entspricht in etwa der dreifachen Größe Frankreichs. Plastik wird so viel genutzt, weil es günstig, flexibel einsetzbar und energiesparend in der Herstellung ist.

Doch wir sehen nur etwa ein Viertel des Plastiks, das größte Problem ist Mikroplastik, was circa drei Viertel darstellt. Darüber haben wir in einem Workshop von WWF Deutschland mehr erfahren. Mikroplastik sind Plastikteile, die kleiner als fünf Millimeter sind. Das sind zum Beispiel Fragmente, Fasern wie aus Kleidung, Pellets aus der Herstellung, Mikrokügelchen in Kosmetik, sowie flüssige Kunststoffe in Seifen und Cremes. Weltweit entsteht das meiste Mikroplastik durch Fasern von synthetischen Textilien (35 %). In Deutschland ist das größte Problem der Reifenabrieb von Autos (33%), insgesamt verursacht jeder Mensch in Deutschland circa vier Kilogramm Mikroplastik pro Jahr. So kleine Plastikteile gelangen auch durch Kläranlagen, in denen unser Abwasser gereinigt wird, und so langfristig über das Oberflächenwasser in die Meere. Dort wird es von Kleinstlebewesen aufgenommen, die wiederum von Fischen gefressen werden und später auf unseren Tellern landen. Zudem ist Mikroplastik inzwischen auch im Boden und in der Luft, somit gelangt es auch in unsere pflanzliche Nahrung und in unsere Atemluft. Eine aktuelle Studie des WWF ergab, dass jeder Mensch am Tag etwa die Menge einer Kreditkarte Mikroplastik zu sich nimmt. Es gibt aber auch Lösungsansätze: In Naturkosmetik ist kein Mikroplastik enthalten, zudem kann die Codecheck App den Inhalt von Produkten auf Mikroplastik überprüfen. Beim Waschen von Kleidung sollte darauf geachtet werden, möglichst wenig neue Kleidung zu kaufen, da die besonders viele Fasern verliert, und nur wirklich verschmutzte Kleidung in vollen Maschinen zu waschen. Zudem kann ein Waschbeutel von „GUPPYFRIEND“ für synthetische Kleidung benutzt werden, um zu verhindern, dass die Mikroplastikfasern ins Abwasser gelangen.

Anschließend gab es eine Fishbowl-Diskussion mit Michael Albert, dem Gründer der Loseläden Hannover, Philipp Keisz, einem kommunalen Politiker der SPD und einer Vertreter*in der BUND-Jugend. Herr Albert stellte das Konzept der Loseläden vor, die vor allem in Studentenstädten erfolgreich seien, dies zeige, dass das Bewusstsein der Menschen bedeutender sei, als ihre finanzielle Lage. Zudem sei der Einkauf fast günstiger, weil nur so viel gekauft werde wie wirklich gebraucht, und der Preis sei ehrlicher, da Folgeschäden durch Plastik in anderen Produkten nicht mit eingerechnet seien. Philipp Kreisz berichtete, dass es  auch aus der Politik Projekte zur Müllreduzierung wie den Hannochino gebe, aber kommunal nur appelliert werden könne, sodass es bundes- und europaweite Gesetze geben müsse. Hanna brachte ein, dass ein Mittel dazu eine Co2– bzw. Plastiksteuer wäre, die den wahren Preis der Produktion einkalkulieren würde. Jedoch blockiere die aktuelle Regierung unter der CDU einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Die Diskussion ging darauf ein, dass es viel Symbolpolitik gebe, wie zum Beispiel das EU-weite Strohhalmverbot, dass nur ein kleiner, für das Klima und die Umwelt mit wenig Auswirkungen verbundener Schritt zur Lösung des Problems sei, und sich darauf nicht ausgeruht werden dürfe.

Deshalb ist es für jede Person wichtig, bei sich selber anzufangen und Plastik im Alltag zu vermeiden, aber auch durch Proteste und Aufklärung Veränderungen im Umfeld und vor allem in der Politik zu bewirken.